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Radfahren und Laufen - macht das Sinn?

Noch vor Jahren standen ambitionierte Läufer mit dem Fahrrad auf Kriegsfuß. Zum Bioladen oder zur Arbeit zu fahren mochte noch angehen. Aber Radtraining? Niemals! Sie befürchteten, die fremde Bewegungsform beim Radfahren könnte die Form in der Spezialdisziplin Laufen gefährden. Inzwischen haben viele ihre ablehnende Haltung revidiert.
Schon in den Trainingsplänen der Langstreckenläufer in der ehemaligen DDR waren Skilanglauf, Radfahren und Schwimmen integrale Bestandteile. Ziel war es, die gesamte Trainingsdauer im Grundlagentraining soweit wie möglich heraufzusetzen.
War man vom Lauftraining körperlich und mental erschöpft, sollten wenigstens noch ein paar Kilometer auf dem Fahrrad dazukommen.
Bei Verletzungspausen findet Radtraining bei Langstrecklern zunehmend Anklang.

Wie vertragen sich Rad und Lauftraining?

Die Trainingslehre kennt für die letzte Vorbereitungsphase vor Wettkämpfen das Prinzip der hohen dynamischen Übereinstimmung. Das heißt, die Bewegungsform im Training sollte der im Wettkampf soweit wie möglich entsprechen. Nach diesem Grundsatz hat sich auch das Radtraining im Trainingsaufbau wettkampforientierter Läufern auszurichten. Je näher der Wettkampf rückt, desto weniger Zeit sollte auf dem Rad verbracht werden. Wenigstens fünf Wochen vor dem Saisonhöhepunkt ist es ratsam, sich vom Rad als Trainingsgerät zu verabschieden.
Lauftraining kann in dreifacher Hinsicht durch Radfahren ergänzt werden:
1. als regeneratives Training nach harten Laufbelastungen

2. als Grundlagen-Ausdauereinheit mit hoher Trainingsdauer (2 bis 6 Stunden) und insgesamt geringer Belastungsintensität

3. als Trainingsform der Kraftausdauer mit kürzerer Belastungsdauer (bis 1 Stunde) und hoher Belastungsintensität.
(Allerdings besteht dabei nicht gerade eine hohe dynamische Übereinstimmung. Das heißt, der Übergang zum Laufen ist hier um einiges schwerer als bei den anderen Trainingsformen.)

Fahrtechnik - gewusst, wie

Ein großer Vorteil des Radtrainings ist die gute Erholungsfähigkeit auch nach hochintensiven Belastungen. Natürlich wäre eine Strapaze wie zum Beispiel bei Tour-de-France-Etappen für Läufer schlicht undenkbar. Ich spreche hier ausschließlich von moderateren Belastungsintensitäten. Das Körpergewicht wird im Sattel gestützt, und im Gegensatz zum Laufen muss für das Mitschleppen des Körpers keine zusätzliche Arbeit geleistet werden. Dadurch wird es Läuferinnen und Läufern möglich, einen höheren Gesamttrainingsumfang zu bewältigen, ohne dabei mit ihren Kräften Raubbau zu treiben. Besonders sinnvoll sind dabei lange Trainingseinheiten mit geringer Belastungsintensität als Grundlagen-Ausdauertraining.

Der häufigste Fehler
Radsportanfängern ist eine zu geringe Trittfrequenz. Man versucht, sich im größtmöglichen Gang voranzuquälen. Läufer sollten versuchen, ihr Radtraining mit gezielt hoher Trittfrequenz (90 bis 110 Umdrehungen pro Minute) zu absolvieren. Dadurch wird die muskuläre Beanspruchung so gering wie möglich gehalten, eine ideale Herz-Kreislauf-Wirkung erzielt und Überlastungssymptome des Muskel-Sehnen-Apparates vermieden. Sehr zu empfehlen ist die Verwendung von Radschuhen. Die steife Sohle als feste Verbindung zwischen Fuß und Pedal macht einen effektiveren Bewegungsablauf möglich und vermeidet eine Überlastung des Fußlängsgewölbes.
Bevor man mit Radfahren als Ergänzungstraining anfängt, sollte die Trettechnik - der berühmte runde Tritt- geübt werden, und zwar während der Phase der geringsten Trainingsbelastung. Radtraining macht erst dann Sinn, wenn der runde Bewegungsablauf einigermaßen automatisiert ist. Sinnvoll ist die Trainingssteuerung durch Herzfrequenzmessung- ideal nach einer Bestimmung der anaeroben Schwelle im Laufbandtest.

Die Belastungsintensität steuern

Der Pferdefuß beim Radtraining ist, dass die vom Laufen gewöhnten Herzfrequenzbereiche nicht ohne weiteres auf das Radtraining übertragbar sind. Wer versucht, seinen Puls vom üblichen flotteren Dauerlauf unter vergleichbaren Bedingungen auf dem Fahrrad aufrechtzuerhalten, wird schnell erschöpft vom Rad steigen. Der Grund: Beim Radfahren ist anteilig eine geringere Menge an Skelettmuskulatur im Einsatz; dadurch muss für dieselbe muskuläre Beanspruchung das Herz weniger häufig schlagen als beim Laufen. In der Regel liegen die Rad-Herzfrequenzen etwa 15 bis 20 Schläge unter den Herzfrequenzen beim Laufen.

Duathlon als Ergänzungstraining

Der Wechsel vom Rad in die Laufschuhe und wieder zurück aufs Rad: Das ist Duathlon.
In der unmittelbaren Trainingsvorbereitung macht Duathlon keinen Sinn, mit einer Ausnahme: Vor Cross- und Bergläufen könnte die Verbesserung der Laufkoordination gut mit kraftausdauerbetontem Radfahren kombiniert werden.
Hier wäre zum Beispiel ein Training denkbar, bei welchem innerhalb einer Stunde alle 10 Minuten zwischen Radfahren und Laufen hin und her gewechselt wird. Die Belastungsintensität der Radabschnitte kann hier ruhig ein wenig höher ausfallen als sonst, das Laufen sollte pro 1000 m 30 bis 40 Sekunden unter der 10km-Bestzeit liegen.

Training als Anfänger

Der häufigste Trainingsfehler bei Laufeinsteigern und Läufern mit geringerer Trainingserfahrung ist die viel zu hohe durchschnittliche Intensität der Trainingsbelastung. Oft finden in Laufgruppen gruppendynamische Prozesse statt, die verhindern, dass die meisten Teilnehmer in der sinnvollen Belastungsintensität, also in ihrem spezifischen individuellen Tempo, trainieren.
So wäre für einen Läufer mit einer Bestzeit von 45 Minuten über 10 km und 45 Wochenkilometern das sinnvollste Dauerlauftrainingstempo irgendwo im Bereich 5- 6 Minuten pro Kilometer. Bei Durchführung eines Kombitrainings zwischen Laufen und Radfahren ist diese niedrige Intensität um einiges leichter einzuhalten. Das Hauptaugenmerk sollte hier auf dem Trainingsumfang und nicht auf der Schnelligkeit liegen. Das heißt: Lieber ein paar Minuten länger als zu schnell unterwegs sein. Die Vorteile eines solchen Trainings sind die schnellere Erholung trotz langer Trainingsdauer und die bessere Steuerbarkeit einer niedrigen Belastungsintensität. Vor allem Läufern mit einem Körpergewicht von mehr als 80 kg ist ein solches Wechseltraining (Lauf-Rad-Lauf wärmstens zu empfehlen, da die Belastung des Haltungs- und Bewegungsapparates deutlich vermindert wird.

Spezialtraining für Langstreckler

Auch für Läufer der stärkeren Leistungsklasse bietet sich die Kombination Lauf und Radtraining an, jedoch unter anderen Vorgaben. Da bei ihnen Grundschnelligkeit und Bewegungskoordination größerer Bedeutung sind, kann man ein Wechseltraining nur in beträchtlichem zeitlichen Abstand zu einem Wettkampf empfehlen. Durch Kombitraining im Grundlagentraining kann die allgemeine Belastbarkeit durch Anpassung des Energiestoffwechsels an die Langzeitausdauer erhöht werden, ohne dass der Skelettapparat einer zu großen Belastung ausgesetzt wird.
Das macht Radfahren in ruhiger Belastungsintensität auf flachen Strecken als regenerative Einheit auch für Marathonläufer interessant, zum Beispiel an Tagen nach Wettkämpfen oder Tempoläufen mit einer Trainingsdauer bis zu eineinhalb Stunden.

Die Laufform auf dem Rad halten

In den USA gelang der Nachweis, dass eine verletzungsbedingte Trainingspause beim Laufen mit Radtraining perfekt kompensiert werden kann. Zehn gut trainierte Läufer absolvierten sechs Wochen lang zusätzlich zu ihrem normalen Lauftraining drei Trainingseinheiten auf dem Fahrrad-Ergometer.
• Montag: 5-Minuten-Intervalle bei 95 Prozent der maximalen Herzfrequenz (5 Minuten Pause dazwischen).
• Mittwoch: ca. 50 Minuten mit einer Herzfrequenz 80 Prozent.
• Freitag: Intervalle
150 Sekunden und 75 Sekunden nahe der maximalen Herzfrequenz (mit Pausen, die gleich lang waren wie die Belastungen).
Diese Ergometereinheiten brachten zwei Vorteile: Nach sechs Wochen war der Leistungsaufwand bei hartem Lauftraining geringer als vorher. Außerdem verbesserten sie ihre 5-km-Bestzeiten um fast 30 Sekunden, im Durchschnitt von 18:16 auf 17:48.
Die Verbesserungen über die 5-km-Strecke entsprachen übrigens denen einer anderen Versuchsgruppe, die statt des Ergometertrainings drei zusätzliche Lauf- Trainingseinheiten bewältigte - mit dem Unterschied, dass bei der Radgruppe die Muskulatur
den Aufprallschocks beim Laufen verschont blieb.
Empfehlung: Streuen Sie wöchentlich zwei Trainingseinheiten auf dem Rad ein mit Belastungsintensitäten wie oben beschrieben. Vor allem verletzungsanfällige Langstreckler mit Wochenumfängen von 80 Kilometern und mehr könnten von dieser Trainingsvariante profitieren.

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