Tips für Marathonläufer

Vor dem Start

Du hast 10 bis 12 Wochen gut trainiert, aber auf einmal droht eine Verletzung oder Krankheit einen Strich durch die Rechnung zu machen. Was nun, die Segel streichen oder trotzdem beim Marathon an den Start gehen? Überlasse dem Sportarzt die Entscheidung. Scheue dich nicht, deinen Start zu verschieben. Attraktive Marathons sind (fast) so zahlreich wie Sand am Meer, aber man lebt nur einmal.

Die Tage vor dem Wettkampf sind nicht die Zeit für Experimente. Das betrifft die Ernährung genauso wie den Lebenswandel. Finger weg von Getränken und Nahrungsmitteln, die nicht schon vorher erfolgreich ausprobiert wurden. Ernähre dich in der letzten Woche vor dem Marathon besonders kohlenhydratreich. Der Anteil der Kohlenhydrate sollte in dieser Phase 70 Prozent der Gesamtenergiebilanz betragen. Eine Ernährungstabelle hilft, die Mahlzeiten in der richtigen Dosierung von Kohlenhydraten, Eiweiß und Fett zusammenzustellen.

Achte auf deine Füße, denn die müssen dich schließlich 42 Kilometer weit tragen. Schneide deine Fußnägel. Schütze kritische Stellen durch ein gut klebendes Pflaster oder Hirschtalg gegen Reibung, beziehungsweise Blasen. Trage beim Marathon keine neuen Schuhe. Die Wettkampfschuhe sollten ein-, aber nicht abgelaufen sein (am besten im angestrebten Tempo). Das gleiche gilt für die Marathonsocken, die ruhig schon am Tag vor dem Wettkampf getragen werden dürfen.

Setze dir ein realistisches Zeitziel. (Wie du von kürzeren Distanzen auf eine Marathon-Endzeit hochrechnen kannst, zeigt die Faustformel 10km Zeit x 4,667, oder HM- Zeit x 2,099). Berücksichtige dabei unbedingt das Streckenprofil und eventuelle Klima- und Zeitunterschiede. Der Monschau- Marathon etwa unterscheidet sich ziemlich stark von dem in Berlin. Ein Marathon will mit Körper und Kopf vorbereitet sein. Dazu gehört, sich ein genaues Bild von allem zu machen, was für das Rennen wichtig ist: Streckenplan und -profil, verkehrstechnische Anbindung des Startorts (Bus, Taxi, zu Fuß?) usw.

Sei beim Marathon auf jedes Wetter vorbereitet. Ein Netzhemd für warme Tage, ein angenehmes T-Shirt für einen kühleren Tag, so wie Mütze und Handschuhe für kalte Witterung. Ein Plastikumhang (im Zweifelsfall auch eine Mülltüte) sorgt bei Regen dafür, dass du den Start einigermaßen trocken erlebst. Ebenso wie die Schuhe sollte auch der Rest des Equipments auf Marathontauglichkeit getestet sein. Packe deine Tasche nicht erst am Abreisetag. Denke rechtzeitig daran den Chip für die Zeitnahme an einem Schuh zu befestigen, wer öfter läuft besorgt sich eventuell ein entsprechendes Band für den Knöchel.

Marathonmessen sind sicherlich interessant, sollten aber kurz vor dem Marathon nicht zu unserem zweiten Zuhause werden. Sie sind wichtig, um uns auf den Marathon einzustellen, die Startunterlagen abzuholen, Freunde zu treffen und nicht zuletzt nach Schnäppchen zu jagen. Aber stundenlanges Herumstehen und -laufen ermüdet die Muskulatur. Gleiches gilt übrigens auch für Stadtbesichtigungen. Auch Pasta- Partys im Vorfeld eines Marathons sind in. Achte aber darauf, nicht zu spät zu viel zu essen. Lieber am späten Nachmittag der erste Partygast sein als am Abend der letzte. Mit vollem Magen schläft sich's schlechter.

Schlaflose Nächte vor einem Marathon können vorkommen - kein Grund zur Beunruhigung. Wichtiger als die letzte Nacht vor dem «Tag X» ist die vorletzte. Der Körper ist durch das stark reduzierte Training der letzten Tage ausgeruht genug und braucht nicht mehr soviel Schlaf wie in den harten Trainingsphasen.

Um gut gewässert an den Start zu gehen, solltest du am Vortag des Rennens viel trinken. Vier Liter Flüssigkeit sind bei wärmeren Temperaturen das Minimum. Das strapaziert zwar die Blase, beugt aber dem Leistungseinbruch durch Dehydration vor. Du bist ausreichend hydriert, wenn der Urin vor dem Start hell oder farblos ist. Stilles Wasser aus der Flasche ist der beste Durstlöscher und ist auch besonders magenverträglich, kann aber auch zur Wasservergiftung führen. Also nicht nur stilles Wasser trinken.

Leg dir am Vorabend des Marathons alle benötigten Laufutensilien zurecht. Befestige die Startnummer am Trikot, oder besser an einem Startband. Marathonveranstaltungen, bei denen Start- und Zielort nicht identisch sind, garantieren in der Regel den Transport deine Bekleidung zum Zielpunkt. Vergiss also nicht, den mit deine Startnummer gekennzeichneten Kleiderbeutel rechtzeitig abzugeben.

Klebe die Brustwarzen vor dem Lauf mit einem Stück Pflaster ab, um schmerzhaftes Aufscheuern zu vermeiden. Von Schweiß oder Regen durchtränkte Textilien können die Warzen blutig scheuern. Alternativ kann auch ein einreiben mit Hirschtalg, oder Melkfett erfolgen.

Die meisten Marathonläufe werden morgens gestartet. Steh deshalb mindestens drei bis vier Stunden vorher auf; der Körper braucht Zeit, um in Schwung zu kommen. Wer die letzten Stunden vor dem Marathon verschläft, kommt auch die ersten Kilometer des Rennens nicht in die Gänge. Geh vor dem Frühstück ein wenig an die frische Luft, um fünf Minuten locker auf und ab zu traben. Das bringt den Kreislauf rechtzeitig in Schwung, lockert die Muskulatur und stimmt dich auf das Rennwetter ein.

Frühstücke am Morgen des Wettkampfs, auch wenn du überhaupt keinen Appetit haben solltest. Wer vor dem Rennen nichts isst, geht mit nicht optimal gefüllten Glykogenspeichern an den Start. Hilfreich kann auch ein entsprechendes Carbo- Loader Frühstück aus der Tüte sein.

Suche am Wettkampftag rechtzeitig eine Toilette auf. Endloses Schlangestehen verursacht unnötige Hektik und steigert die Nervosität vor dem Start. Aber ein Allheilmittel gibt es nicht: Blase und Darm stellen gerne ihre Unberechenbarkeit unter Beweis. Daher cool bleiben. Ein Marathon ist 42 Kilometer lang und wird nicht in den angespannten letzten Minuten vor dem Start entschieden.

Wärme vor dem Start die Muskulatur durch lockeres Traben und leichtes Stretching auf, und halte sie warm und trocken. Einreiben mit Ölen oder Salben ist überflüssig und mehr Ritual als wirkungsvolle Unterstützung, denn durchblutet wird dabei vor allem die Haut, nicht die Muskeln.

Begib dich rechtzeitig in den zugewiesenen Startbereich, um dem üblichen hektischen Schieben und Drängeln und der Hektik in den letzten Minuten vor dem Start zu entgehen. Nimm eine kleine Trinkflasche für die letzten 20 Minuten mit in den Startblock (max. 0,2l).

Überprüfe rechtzeitig vor dem Startschuss den Sitz von Socken und Schuhen. Achte auf die Schnürung - doppelt geschnürt hält besser und dann noch die Schleife durch die Schnürung ziehen.
nach oben

Während des Marathons

Bleib nach dem Startschuss ruhig. Es gibt keinen Grund, sich in dem engen Startbereich mit den Mitläufern zu behakeln. Die Zeitmessung beginnt erst mit dem überqueren der Startmatten. Denke beim Startschuss aber daran, deine Uhr zu starten. Mit der Uhr am Handgelenk ist man unabhängig von der Zeitmessung entlang der Strecke. Nicht immer gehen die offiziellen Uhren an den Zwischenmarken richtig, manchmal funktionieren sie gar nicht oder sind schlecht einsehbar. Bei Meisterschaften zählt außerdem nur die Bruttozeit für die Reihenfolge.

Je nach Größe einer Veranstaltung entzerrt sich das Feld bereits nach wenigen Metern oder erst nach einigen Kilometern. Widerstehe der Versuchung, bei freier Bahn das Tempo übermäßig zu forcieren. Es ist wichtig, das eigene Tempo zu finden. Daher auch immer in den richtigen Startblock stellen, das garantiert meist, dass die Nebenleute im gleichen Tempo loslaufen.

Überprüfe das Tempo auf dem ersten Teil der Strecke gewissenhaft, Kilometer für Kilometer. Es ist ein Fehler, am Start verloren gegangene Zeit auf Gedeih und Verderb auf den ersten fünf Kilometern wieder herausholen zu wollen. Das rächt sich spätestens ab Kilometer 35.

Schon mit den ersten Schritten fühlst du dich bärenstark. Schön, aber kein Grund, alle Vorsätze über Bord zu werfen. Halte dich auf der ersten Streckenhälfte exakt an das anvisierte Tempo. Nur wer sich bei Kilometer 30 immer noch unterfordert fühlt, darf die Marschtabelle korrigieren. Und ab Kilometer 35 können wir guten Gewissens sagen:
Was interessiert mich die Ziel- Zeit von heute morgen - freie Fahrt voraus!

Beginne frühzeitig zu trinken, egal ob es schneit, stürmt oder die Sonne scheint. Der Körper benötigt nicht nur bei Hitzemarathons viel Flüssigkeit. Körperliche Arbeit strengt auch im Winter an.

Trinke nur das, wovon du weißt, dass dein Magen es verträgt!

Alle fünf Kilometer solltest du mindestens etwas trinken, auch wenn du keinen Durst verspürst. Lass dir Zeit beim Trinken, nimm kleine Schlucke. Besser eine Gehpause einlegen als zu wenig trinken oder sich zu verschlucken. Dabei verkrampft man leicht und braucht Zeit, wieder seinen Rhythmus zu finden. Gels entsprechend vor dem VP schon in die Hand nehmen, das erspart Hektik am Stand. Den Becher greifen und den Stand wieder frei machen, das verhindert Rempeleien.

Bei vielen Marathonläufen markiert eine farbige Linie, die so genannte blue line, den kürzesten Weg ins Ziel. Versuche nicht immer nur dieser Ideallinie zu folgen. Es lohnt nicht, den Mitläufern in die Beine zu laufen, nur um einige Zentimeter zu gewinnen.

Spürst du echte Schmerzen in der Muskulatur, dann bleib stehen, um vorsichtig zu massieren und zu stretchen. Versuche anschließend zunächst langsam wieder zu gehen und dann erst zu traben. Bei einem plötzlichen stechenden Muskelschmerz kann es ratsam sein, die nächste medizinische Versorgungsstelle anzusteuern.

Keine Angst, Seitenstechen ist nicht der Anfang vom Ende eines Marathonlaufes. Verlangsame das Tempo, drücke die Hand in die schmerzhafte Stelle, und lasse sie beim Ausatmen wieder los. Sticht es in der linken Seite, versuche einen Atemrhythmus zu finden, bei dem du immer laut und heftig ausatmest, wenn der linke Fuß den Boden berührt, und rechts umgekehrt. Im Extremfall helfen Gehpausen, bei denen du ruhig und rhythmisch durchatmen solltest.

Versuche positiv zu denken. Selbst schwierigsten Situationen lässt sich etwas positives abgewinnen. Keine Panik, take it easy!

Regen ab Kilometer 10, das erfrischt, Seitenstechen bei Kilometer 20, die kommen und gehen, Muskelschmerzen ab Kilometer 35, Egal! 80 Prozent der Strecke liegen schon hinter mir, den Rest hüpfe ich doch auf einem Bein.

Das Ziel vor Augen, die Bestzeit möglich, beschleunige ruhig noch einmal, aber genieße den Zieleinlauf. Er ist doch das Tüpfelchen auf dem Marathon- i, darum bist du doch gestartet.
nach oben

Nach dem Marathon

Geh nach dem Zieleinlauf lieber noch ein paar Schritte, als dich sofort zu setzen. Dehne die Muskulatur vorsichtig, aber achte dabei auf Schmerzen (Krampfgefahr).

Versuche schnellstmöglich an deinen Kleiderbeutel zu kommen.

Falls du nicht direkt im Zielbereich duschen kannst (oder willst), zieh die nassen Laufklamotten aus und trockene Kleidung an. Gönne deinen Füßen ein wenig frische Luft, bevor du andere Schuhe anziehst.

Bei vielen Marathonläufen werden im Zielbereich Massagen angeboten - ein Luxus, den du deiner  verspannten Muskulatur unbedingt gönnen solltest. Der Andrang ist meist groß, die Wartezeit kann man mit einer leichten Selbstmassage überbrücken. Wenn möglich vorher etwas zu trinken besorgen, dann fällt das warten leichter.

Da Marathonläufer ca. 170 Gramm Fett und 315 Gramm Kohlenhydrate verlieren und, wenn sie nicht ausreichend getrunken hatten, bis zu drei Litern Wasser, solltest du schon im Zielbereich damit beginnen, die Energiespeicher wieder aufzufüllen. Iß vor allem reife Bananen und andere Früchte, und trinke, soviel du magst.

Gönne dir zu Hause ein heißes Bad. Entspannende Badezusätze bewirken zwar keine Wunder, steigern aber das Wohlgefühl und riechen gut.

Trabe, falls möglich, am Tag nach dem Marathon einige Minuten. Das transportiert die Milchsäure aus den strapazierten Muskeln und hilft, einen schweren Muskelkater zu vermeiden. Sonst hilft auch ein ausgedehnter Spaziergang.

Nimm dir nach dem Marathon ausreichend Zeit zur Regeneration. Ruh dich nach Herzenslust aus, und gönne dir eventuell auch eine einwöchige Trainingspause.
Wer es aber nicht will, der sollte alternative Trainingsformen wählen: Schwimmen oder Radfahren zum Beispiel, aber auf niedrigem Level. In Regenerationsphasen ist weniger mehr.

Eine Faustformel für das Nach- Marathon- Training: Pro Wettkampfkilometer ein halber Tag stark reduziertes Training. In der zweiten bis vierten Woche nach dem Marathon sollte das Training auf zwanzig bis dreißig Prozent des üblichen Umfangs beschränkt werden.

Lasse zwischen zwei schnellen Marathonläufen mindestens drei Monate Zeit verstreichen. Natürlich kann man, sich auch dutzendfach im Jahr die volle Dosis Marathon verpassen. Aber nur mit reduziertem Tempo und bei entsprechenden Vorbereitungsjahren, wie viele zählen aber schon zu dieser seltenen Spezies von Ultraläufern?

nach oben