Bahntraining und das Fahrtspiel als Tempoalternative

Bahntraining

Eine Laufbahn ist nicht nur für leistungsorientierte Läufer unverzichtbar, auch Freizeitjoggern hat sie einiges zu bieten. Es gibt gute Gründe für ein Training auf der Bahn:

Fahrtspiel, die Tempo-Alternative, aber was ist das und wie geht das?

Wem Intervalltraining zu starr und die Rundenrennerei zu eintönig ist, für den gibt es eine attraktive Tempo-Alternative, das Fahrtspiel.
Das ist eine Trainingsmethode, die Abwechslung in den Trainingsalltag bringt. Abwechslung heißt das Zauberwort, denn Fahrtspiel und Tempoläufe können sich in einem Wochentrainingsplan gut ergänzen.
Ein Fahrtspiel sollte auf weichem Boden im Wald, möglichst in leicht profiliertem Gelände, auf nicht abgemessenen Strecken durchgeführt werden. Nach einer Aufwärmphase von 15 Minuten wechseln sich verschieden lange Laufabschnitte in unterschiedlichem Lauftempo ab, vom zügigen Dauerlauf bis zum Sprint. Dazwischen wird locker getrabt.
Dem Läufer wird kein genaues Trainingspensum vorgeschrieben. Es funktioniert zwar nicht nach dem Prinzip einfach ohne Plan drauflos, aber es ist sicherlich die schönste und lockerste Form, effizient zu trainieren. Der Läufer bestimmt das Tempo und die Länge der einzelnen Belastungsteilstücke selbst. Dem eigenen Anstrengungsrhythmus gehorchen, so umschrieb Gösse Holmers, der Begründer dieser Trainingsmethode, das zugrunde liegende Prinzip.
Wie läuft das Fahrtspiel ab?
Ein Fahrtspiel umfasst kurze Sprints von 50 bis 100 Meter Länge, schnelle Abschnitte von 30 Sekunden bis 3 Minuten und zügige Passagen von über 3 Minuten Dauer. Ein Lauf in vollem Tempo sollte nie länger als ca. 200 Meter sein und unbedingt mit einer Trabpause bis zur völligen Erholung komplettiert werden. Es ist sinnvoll, während einer Belastung feste markante Zielpunkte zu wählen, bis zu denen ein angeschlagenes Tempo durchgehalten wird: bis zur nächsten Bank, zum dritten Laternenmast, der nächsten Weggabelung usw. Dem Ideenreichtum der Fahrtspieler sind keine Grenzen gesetzt. Manchmal sagt uns die Intuition, das subjektive Laufgefühl, mehr als ein Lauftagebuch, in dem penibel jeder Kilometer und jedes Intervall festgehalten sind.
Auch beim Fahrtspiel sollten Belastung und Erholung im richtigen Verhältnis stehen. Auf eine harte Tempobelastung muss immer eine ruhige Laufpassage oder Gehpause folgen. Je schneller und länger ein Teilabschnitt war, desto ausgedehnter muss die Trabpause sein. Beim Auslaufen ist unbedingt auf ein betont langsames Tempo zu achten.
In den letzten Jahren setzte sich bei uns der Begriff Fahrtspiel zunehmend für einen Trainingsansatz durch, der das ursprüngliche Fahrtspiel von Gösse Holmers mit der Methode der Tempoläufe kombiniert. Belastungen und Pausen werden wie bei den Tempoläufen in ihrer Dauer und im Tempo exakt vorgegeben, aber das Training wird auf der Straße oder im Wald und nicht auf der Bahn absolviert. Dabei dienen vermessene Strecken nur als Orientierung, um ein vorgeschriebenes Tempo einzuschätzen.
Der Belastungsaufbau solcher Trainingseinheiten ist meist pyramidisch (Beispiel: 3min, 6min, 9min, 6min, 3min Belastung mit Trabpausen). Vor allem der Holländer Gerard Nijboer hatte mit dieser Trainingsmethode großen Erfolg. Er gewann 1980 in Moskau olympisches Silber im Marathon, zwei Jahre später wurde er Europameister. Auch Winfried Aufenanger, langjähriger Bundestrainer der deutschen Marathonläufer, favorisierte diese Trainingsmethode seit Jahren.
Der Ursprung des Fahrtspiels
Kaum jemand kennt heute noch den großen schwedischen Trainers Gösse Holmers. Gemeinsam mit Gösta Olander begründete er in den 30ern die schwedische Trainingslehre. Bereits 1930 entschloss sich Holmers, etwas Neues auszuprobieren. Es war die Zeit der großen finnischen Langstreckenerfolge und auch die Zeit von Paavo Nurmis Experimenten mit dem Intervalltraining (kurze, scharfe Tempoläufe auf der Bahn, deren Länge und Pausenlänge exakt festgelegt waren).
Holmers lehnte die Auffassung ab, dass Läufer genau abgesteckte Trainingsstrecken im täglichen Training laufen sollten. Er wollte ihnen mehr Freiheit geben in der Eigengestaltung ihres Trainings, ihnen ermöglichen, mehr Verständnis und Einblick in das Wesen des Trainings zu gewinnen, und sie damit in den Stand versetzen, das Training mehr nach ihrer eigenen Individualität aufzubauen. So entwickelte er die Trainingsmethode, die er Fartlek (Fahrtspiel) nannte.
Für wen ist ein Fahrtspiel sinnvoll?
Das Fahrtspiel ist eine abwechslungsreiche Trainingsmethode für Läuferinnen und Läufer, die dreimal und mehr pro Woche laufen. Laufanfänger sollten nach dem Prinzip trainieren: erst die Ausdauer verbessern, dann die Schnelligkeit. Nur wer eine Stunde am Stück laufen kann, sollte an ein Fahrtspiel denken.
Wer dreimal pro Woche läuft, sollte dabei einmal pro Woche „Fahrt spielen“. Wer fünf- bis siebenmal pro Woche läuft, kann ruhig zweimal wöchentlich ein Fahrtspiel integrieren. Klassisches Fahrtspiel durch Feld und Wald und Tempoläufe auf der Bahn schließen sich nicht aus. Eine wöchentliche Kombination ist bei genügend Regeneration ideal.
Das Fahrtspiel hat Vorzüge, die nicht von der Hand zu weisen sind:
Es bringt Abwechslung in den Trainingsalltag.
Voraussetzung ist immer ein passendes Trainingsrevier.
(Natürlich wäre ein Fahrtspiel auch auf der Straße denkbar, was aber der ursprünglichen Idee widerspräche.)
Das Fehlen überprüfbarer Trainingsvorgaben verhindert das Scheitern an Trainingszielen und den häufig folgenden Motivationseinbruch
Der starre Zwang einer Bahntrainingseinheit (nach 3:30 Minuten muss ich bei der 1000m-Marke sein) wird unterlaufen
Die Trainingsgestaltung nach eigenem Gefühl und nicht nach vorgeschriebenen Trainingsprogrammen verhindert eher Überlastung
Laufen auf weichem Waldboden ohne die einseitige Belastung des Bahntrainings beugt Verletzungen vor
Der Läufer lernt beim Fahrtspiel seinen Körper besser einzuschätzen als in einem penibel vorgeschriebenen Trainingsprogramm
Es ist als Training ohne Trainer perfekt für Individualisten und Einzelkämpfer
Aber es ist auch eine Fahrtspiel-Variante für eine Gruppe gleichstarker Läufer denkbar.
Hier wird vor jeder Belastung abgestimmt, wie lange und schnell sie sein soll
Das Fahrtspiel bereitet mit seinem unkonventionellen Belastungsverlauf besser auf die Unwägbarkeiten von Wettkampfsituationen
(Zwischenspurt, plötzliche Tempoverschärfung) vor, als ein gleichförmiges Belastungsprogramm
Der Nachteil des Fahrtspiels:
Die Belastungen im Rahmen eines Fahrtspiels sind schwer nachzuvollziehen
Bei einer vergleichenden Trainingsauswertung sind sie kaum objektiv nachvollziehbar.

nach oben