Mnisek pod Brdy 50km

April 2005

Mnisek pod Brdy, schon der Name riecht nach Abenteuer, ebenso wie die Laufausschreibung.
50 Kilometer auf einem alten Postweg durch den Brdywald und das gleichnamige Gebirge mit über 830 Höhenmetern. Der Europacup der Ultramarathone 2005 hat sich wahrlich keinen einfachen Start ausgesucht.
Erste Informationen im Internet lassen die ganze Sache ebenfalls als Abenteuer erscheinen, denn die Ausschreibung vom Veranstalter lade ich von der Seite einer Kühlschrankfirma herunter. Deutsch mit Klümpchen und vor Ort keiner der Deutsch spricht. Hotel und Pension gleich teuer, das alles erscheint recht unwirklich.
Aber was soll's in Tschechien war ich noch nie und so mache ich mich nach nur 4 wöchigem Training mit Isomatte und Schlafsack im Gepäck per Auto auf die Reise ins Ungewisse, jenseits von jedem üblichen Routenplaner und durch Ortschaften, die die deutsche Zunge nur schwer aussprechen kann.
Der Routenplan des ADAC hilft nur bedingt, er schickt mich zum Beispiel durch Pilzen, nur um am anderen Ende wieder auf die Autobahn zu führen. Den Umweg hätte ich mir auch sparen können.
An der Grenze eine Vignette für 15 Tage gekauft (100CZK = 3,5¤) und immer der A5/E50 hinterher das hätte gereicht.
Viznice
Die Autobahn E50/A5 führt fast bis zum Ziel

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In Zdine wird die Autobahn verlassen, erneut ist der Routenplan des ADAC nur ungefähr richtig. Es empfiehlt sich an einer Autobahntankstelle für ca. 1,5¤ eine Karte zu kaufen.
Aber trotz Regenwetter wurde der Zielort an der A4 gelegen direkt gefunden. Navigation mit bis zu vier Karten und Mut zur Entscheidung an unbeschilderten Kreuzungen brachten uns nach 570km direkt nach Mnisek.
In einem alten Industriegelände am Ortsrand sollte das Ziel sein, welches direkt an der Abfahrt der A4 gelegen ist.
Ausfahrt
Auf der 4 kurz vor dem Ziel Mnisek pod Brdy
Kovohute
Das Eingangsschild der Fabrik
Bei der Kovohute Mnisek wird flugs der dortigen Pförtner mit der Ausschreibung in der Hand befragt, wo die Anmeldung sei und dem freundlichen "Hütta da, Parking da" gefolgt, geht es auf Englisch und mit Händen und Füßen durch das Anmeldeprozedere.
Zwar spricht nur eine Dame Englisch und niemand Deutsch, aber alle sind immer freundlich und es bricht keine Hektik aus.
Dort wird bar bezahlt, Überweisung ist nicht zu empfehlen, wir erhalten Zimmergutscheine und die Startunterlagen. In der Tüte sind außer einer Stoffnummer und einem T-Shirt noch zwei Kulis und eine Trinkflasche (Marke ARO - auch hier gibt es also einen METRO-Großmarkt). Da wir uns für Hotelunterkunft entschieden haben fahren weiter zum 10km entfernten Hotel in Voznice. Da im Vorfeld weder über das Hotel noch die Unterbringung selbst eine Bestätigung, oder Auskunft zu erhalten waren hatten wir Schlafsack und Isomatten dabei. Aber dort dann die Überraschung, an der Rezeption sprach man Englisch und das Auto konnte sogar im eingezäunten Hoteleigenen Gelände geparkt werden. Die Doppelzimmer sind einfach, aber sauber, Schlafsack und Isomatte verblieben im Auto.
Hotel
Hotel Voznice
Jedes Zimmer hatte 2 Einzelbetten einen Tisch mit Stühlen eine eigene Dusche und Toilette, so wie einen Balkon. Es war also alles da, was für eine Läufergerechte Übernachtung gebraucht wurde. Die Matratzen waren zwar dreigeteilt und der dritte Teil verschwand in der Nacht am Fußende des Bettes, aber dafür war die Matratze hart und rückenschonend.
Im gut bürgerlichen hauseigenen Restaurant kann zu günstigem Preis noch einmal der Bauch vollgeschlagen werden.
Die Böhmische Küche und Preise wie früher, teuerstes Gericht ca. 6,50¤ ließen sogar die abenteuerliche Zubereitung durch den Küchenchef vergessen (Fleisch in der Pfanne auf dem Gasherd, mit teilweisen Stichflammen und reichlich Öl).
Auch ein (oder mehr) Pils aus Pilzen, der nahe gelegenen Heimat dieser Biersorte, sind zu empfehlen. Während die einen Nudeln oder Salat als richtige Vorbereitung empfinden, kann man auch Fleisch mit Kartoffeln oder Fritten und zum Abschluss als Nachtisch noch Palatschinken erhalten. Die Karte hat genügend Auswahl.
Am nächsten Morgen dann um 6:30Uhr Frühstück, Laugenstangen, Kaffee, Tee, Milch, Marmelade, Wurst und Marmelade sättigten alle, wenngleich manchmal auch Besteck, oder Teller fehlten. Aber welches Hotel ist schon darauf eingestellt, dass alle Zimmer belegt sind und dann auch noch alle Gäste ihr Frühstück innerhalb der selben 15min einnehmen wollen.
Nach dem Frühstück, Gepäck und Läufer ab ins Auto und ab durch den Frühnebel zum Start. Nach 10min Fahrzeit erreichen wir den Parkplatz direkt gegenüber der Fabrik.
Es bliebt dank kurzer Wege genügend Zeit zu parken und sich vorzubereiten.
Start und Ziel
Das Fabrikgelände am Morgen des Rennens
Schwierig gestaltete sich die Frage nach der Kleidung, da beim Start in besagtem Fabrikgelände Kovohute Mnisek, leichter Nieselregen fiel und Nebelschwaden bis in die Ortschaft hingen. Es waren ca. 8 Grad und der Wind war kühl. Am Start befanden sich ca. 100 Läufer aus mehreren Ländern, die meisten deutschsprachig.
Ich entscheide mich für eine Radlerhose, Trikot und Handschuhe, als Schuh wähle ich den ASICS 2100.
Ein Sprecher sagt noch einige Dinge auf Tschechisch, die ein anderer auf Deutsch übersetzt, aber so richtig hört keiner mehr zu und kurz nach 8 geht es mit 5-4-3-2-1-los, auf ins Rennen.
Es riecht nach Kohle und ein kalter Wind bläst uns ins Gesicht; das Abenteuer hat begonnen.

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PowerRunner

Mnisek pod Brdy 2005

Einige Läufer wundern sich über eine neue Streckenführung, aber das nur für 3km, denn dann sind wir wieder am Startpunkt, das waren die bisher immer fehlenden Kilometer um einen fünfziger zu laufen. Daher auch die bisherigen guten Zeiten.
Nach gemütlichen 7km dann der erste Anstieg mit bis zu 10% auf einem feuchten rutschigen Waldweg, das kann ja heiter werden. Aber danach empfängt einen ein gut zu laufender Waldweg durch einen tollen Nadelwald. Durch Wald- und Teerwege windet sich der Postweg von nun an, wellig, aber abwechslungsreich. Hier könnten sich Wölfe und Bären noch wohlfühlen und ich schaue immer rechts und links in die Wälder, ob sich nicht doch welche dort verbergen um auf dicke Kapitalisten zu lauern, die sind nämlich leichter zu jagen.
Die Kilometer fliegen dahin und schon ist der erste Verpflegungsstand bei km 11 erreicht. Freundliche Posten empfangen uns und meine Startnummer wird auf einem Kontrollzettel abgestrichen, gute Organisation. Ich folge den gelben Markierungen, die immer auf kleinen Holzpflöcken, an den Bäumen und auf Zeigern aus Papier den Weg weisen, begleitet von einem weiteren Ultraläufer aus Nürnberg. Olaf und ich unterhalten uns und so wird die Zeit noch kürzer, bis mich dann bei km15 unsere tollen Fans mit viel Lärm empfangen.
k15 Immer auf den Spuren der alten Postzusteller
Das sieht ja gut aus, schon 15km im 5er Schnitt und das trotz der bereits bewältigten Anstiege. Aber ich habe das Profil noch im Kopf und weis es kommen noch die besten Berge.
Unser Gespräch verstummt ein wenig, da es wieder bergauf geht. Bei 17km der nächste Verpflegungsstand, danach geht es ca. 1000m steil bergab. Jetzt kommt ein langes Stück mit Asphaltiertem Untergrund.
Wellig geht es weiter bis zu Kilometer 23, dann folgte der nächste 2km Anstieg mit 10% (Marke heftig und lang), die ersten gehen schon, aber ich bin ja hart, also weiterlaufen. Hier muss ich mich von Olaf verabschieden, der am nächsten Tag schon wieder laufen will (er erreicht aber das Ziel nur 12min nach mir).
Was mich erstaunt ist, dass überall Hinweisschilder für Radfahrer stehen. Die müssen ganz schön Kraft in den Beinen haben, wenn sie hier radeln.
Bei 24km dann, direkt nach dem dritten Verpflegungsstand die nächste Prüfung der besonderen Art. Abwärts geht's für die nächsten Kilometer. In 3km verlieren wir über 200 Höhenmeter und die Beine fangen an zu brennen, teilweise ist es so steil, dass man bremsen muss, und bei km30 erreichen wir den tiefsten Streckenpunkt.
Eine abwechslungsreiche Landschaft mit Bruchsteinen, Seen, kilometerlangen eingezäunten Flächen mit 2,50m hohen Zäunen (doch Wölfe und Bären?) lassen die Distanz vergessen.
Gute Verpflegungsstände ca. alle 10km mit immer freundlichen Streckenposten lassen alle Belastungen einigermaßen gutgelaunt vorüberziehen. Die Posten sprechen zwar meist Englisch mit Klumpen, aber es gibt Wasser, Iso, Bier, Cola in vorbefüllten Bechern und Rosinen, Aprikosen, Schokolade, Riegel, Brot, und Käse, so viel man will.
Durch Birkenwälder und auf langen welligen Geraden nähern wir uns dem Ziel.
Das Wetter hat sich stabilisiert und ich kann meinen 5er Schnitt immer noch halten, obwohl bis zu Kilometer 40 noch weitere Anstiege lauern, steigt die Zuversicht auf ein gutes Durchkommen, auch wenn bei der ein oder anderen Welle schon mal der innere Schweinehund ruft: "Geh doch mal".
Ein alter Haudegen überholt mich und ein oder zwei Einheimische.
Bei 35 und 41 sind weitere Verpflegungspunkte und es geht wieder auf Waldwegen bergauf. Ich hole die Einheimischen, die mich überholt haben wieder ein und sehe sie erst im Ziel weiter nach mir wieder.
Eine letzte Ortschaft wird durchquert und im Kopf laufe ich seit km35 eine meiner flachen Trainingsstrecken mit einer 2,4km Runde.
Nur noch 7-6-5-4-3-2 Runden. Das motiviert und hilft mir meinen Schnitt zu halten, bis ca. 3km vor dem Ziel der letzte Hammeranstieg alle mürbe macht.
Noch mal 500m mit ca. 12-14% Steigung zwingen viele zum gehen, ich gehe auch zwei Meter, aber dann siegt mein Stolz, so langsam will ich nicht sein und irgendwann muss sich mein profiliertes Training doch mal auszahlen. Ich gebe nicht klein bei und überhole weitere 2 Läufer.
Am Ende der Steigung dann der letzte Verpflegungsstand, noch mal vollgetankt und dann den letzten Berg herabgestürzt in Richtung Ziel. Vorbei an 2 Einheimischen, zum entsetzen der genau dort zu stehenden Tschechen heißt es bis zum Ziel rollen lassen, auch wenn's schwer fällt. Der Schornstein der Fabrik ist schon zu sehen und nach weiteren 2km und einer letzten Instruktion durch meinen alten Trainingsgefährten Herbert Cuntz (früherer Topläufer mit 6:41h auf 100km): "Du bist auf Platz 20 und da bleibst du auch!!!" geht es auf den letzten Kilometer.
Ich mache meinen Schritt noch mal lang und lasse meine Verfolger hinter mir zurück. Noch durch einen Tunnel unter der Autobahn, die Gegensteigung herauf und dann mit einem Lächeln ins Ziel; so sehen Ultramarathonis aus.
Finish
Das Ziel naht und die Fans warten
Im Ziel
Geschafft und zufrieden
Ich belege in 4:08:30h den 20. Gesamtplatz Platz 1 in der AK M35-44 und bin hochzufrieden.
Laufsieger wurde Bernhard Santer von Asko Villach in 3:26:02h, Siegerin Heike Grob vom Ski Club Flieden in 4:30:14h.
Ich habe mich also auch international sehr gut verkauft, nicht zuletzt auch wegen unserer tollen Unterstützung meiner mitgereisten Frau, die im Team mit dem Altmeister Herbert Cuntz stets für gute Stimmung und den richtigen Zuspruch für alle Aktiven sorgten, auch für Vereinsfremde.
Danke für diese sportliche Fairness und den guten Teamgeist.
Nach dem Lauf begeisterte alle Teilnehmer die großräumige Umkleide und stets warme Duschen. Nach dem kühlem Nieselregen und den harten Bergabpassagen genau richtig um die Muskeln wieder aufzuwärmen.
Alle nehmen sich reichlich Zeit und kommen deutlich erholt und warm angezogen in den Speisesaal der Fabrik. Ein gutes Essen durch die dortige Kantine (Hähnchensteak mit Kartoffeln, oder Reis und eine Nudelsuppe vorweg) der Fabrik stärkt auch noch den letzten Läufer.
Und um 14:00 Uhr beginnt die Siegerehrung, auch für unseren Verein erfolgreich. Jeder Teilnehmer erhält noch ein Diplom über 50km und reich dekoriert beende ich den Lauftag und fahre weiter in Richtung Prag.
Dort war ich im Hotel CHAM untergebracht, Adresse über Internet erhalten Libusska 37/181 in 140 00 Prag 4 Preise 50¤ pro Zimmer und Nacht mit Frühstück, Barzahlung verlangt, Gute Küche, deutschsprachige Rezeption, immer freundlich, Zimmer einfach, aber sauber, gute Bus und Bahnverbindung in die Innenstadt, 30min Fahrzeit für ca. 35Cent kann man 60min Sonntags 90min fahren, letzte Bahn um 24Uhr, Sicherer Parkplatz im verschlossenen Innenhof.

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