Eisenach - Rennsteiglauf

33. GutsMuths- Rennsteiglauf 2005

TEAG Supermarathon über 72,7km
Rennsteig, Biel, Swiss Alpine - selbst erfahrene Läufer verstummen kurz ehrfurchtsvoll, wenn diese Namen fallen. Fast kommt es einem Ritterschlag gleich, dort gefinisht zu haben.

Nun diesen Ritterschlag wollte ich mir auch verdienen. Und so machte ich mich am Freitag auf in den Thüringer Wald.
Zusammen mit zwei Freunden von der LG Kapellen Drusweiler e.V. (Dieter Wilhelm und Günter Naab) holte ich mir in Eisenach meine Startunterlagen ab.
Geparkt wurde in der Nähe des Marktplatzes im Mühlgrabenweg auf dem Parkplatz des TOOM- Supermarktes, ca. 500m entfernt.
Dies ist zu empfehlen, da auf dem Marktplatz Freitags Wochenmarkt ist uns alle Parkplätze sonst gebührenpflichtig sind.
In der Badergasse war dann auch schon eine Schlange bis vor die Türe zu sehen, hier war ich also richtig.
Aber schon nach wenigen Minuten war ich im Saal und dank guter Organisation auch schon nach wenigen Minuten im Besitz meiner Startunterlagen.
Dort kann auch der Bustransfer gebucht werden, falls man in der Nähe von Eisenach seine Unterkunft hat.
Die Startunterlagen enthielten einen Riegel, Pflaster, Duschgel, Creme, einen Gutschein für Intersport, die Startnummer, so wie einen Gutschein für die Klospartie und eine Suppe im Ziel, so wie ein gratis Köstritzer im Ziel.
Bei 35 Euro Startgeld, die auch noch eine Medaille und ein Finisher Shirt (Funktionsshirt kein Baumwollshirt) im Ziel beinhalten also ein tolles Paket für wenig Geld.
Hier wird der Laufsport noch als Mittelpunkt gesehen und nicht das große Geldmachen, ein Trend der sich über den ganzen Lauf zeigt.
Hier herrschte eine besondere Atmosphäre, fast schon familiär.

Da wir unsere Unterkunft in Vesser, nahe Schmiedefeld haben gibt es für leider keine Klospartie, da wir dorthin noch 80km zu fahren haben und früh wieder raus müssen.
Nach einer kurzen Nacht heißt es um 2:30Uhr aufstehen, frühstücken und ab nach Schmiedefeld zum Bustransfer nach Eisenach. Für 8Euro bringt uns der Bus zum Startort. Abfahrt ist um 3:30Uhr, Ankunft um 5:00Uhr.
Die Welt ist ein Dorf; kaum im Bus kommt mir eine etwas übernächtigte Gestalt entgegen. Mein alter Laufkumpane Alwin Gumbrecht ist die Nacht durchgefahren um hier zu laufen und will auch nach der Zielankunft gleich wieder zurückfahren.
Für mich eine Horrortour, kaum was von der Gegend gesehen, aber jeder, wie er will.
Mit 6:43:58h ist Alwin denn auch unter seinen Möglichkeiten im Ziel angekommen, aber dennoch Respekt und Glückwunsch.
Auf der Hinfahrt verunsichern Regen und Sturmböen viele Läufer, aber ein Zelt am Startort schützt uns vor der Nässe.
LGKD Schnell stellen wir unsere Sachen im Zelt unter. Es beginnt der übliche Vorbereitungsreigen.
Anziehen, einreiben, überlegen, ob die Kleidung und Schuhe richtig gewählt sind.
Und als wir gegen 5:40Uhr unsere Kleidung abgeben, also fast pünktlich zum Start versiegt der Regen und ich entscheide mich für ein "Trockensetup".
Eine kleine Einwegkamera soll meiner diesmal nicht mitgereisten Frau Ellen, sie hat nämlich am genau am Renntag Geburtstag, zeigen, wie ich ihren Festtag begehe.
Darum schnell noch ein Foto vor dem Start und noch mal kurz angerufen und gratuliert.
Ab zum Marktplatz und in die Reihe der Starter eingereiht.
Warten auf die üblichen Grußworte und den Startschuss.

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Dann ist es endlich so weit: Im Schatten der Wartburg werden am Samstag den 21.05.2005 beim 33. GutsMuths-Rennsteiglauf, dem längsten und größten Crosslauf Europas, gemeinsam mit 1671 weiteren Startern um 6:00 Uhr in Eisenach die 72,7km des "langen Kanten" unter die Laufschuhe genommen. Start
Ich bin wirklich dabei.
Obwohl hier Chip Zeitmessung erfolgt gibt es wieder einige, die glauben man müsse gleich am Start schon drängeln und schieben, oder in den Kurven Konkurrenten abdrängen. Ich lache innerlich; Jungs wir sehen uns wieder, es sind ja noch über 72km.

Bereits nach einer kurzen Strecke durch Eisenach geht es in die erste Steigung in Richtung Hohe Sonne, gleich mal 200 Höhenmeter in den ersten 5km.
Zunächst noch Asphaltiert wechselt der Belag nach ca. 2km in Waldboden, der teilweise nass und rutschig ist. Das Läuferfeld sortiert sich wie eine Perlenkette, um nicht in matschige Abschnitte treten zu müssen. Als wir an Ende der ersten längeren Steigung aus dem Wald auf die Höhe kommen erwartet uns ein unwirklicher Anblick. Direkt über dem Bergkamm schwebend ein Hubschrauber mit Kamerateam filmt die lange Schar der Läufer, er schwebt dabei vor und zurück, ein unvergesslicher Anblick.
Das Schild für Kilometer 5 übersehe ich und bin etwas verunsichert über mein Lauftempo, ich will mich nicht hetzten und nicht überziehen, aber alle anderen Kilometertafeln, jeweils alle 5km habe ich dann gesehen. Super ausgeschildert ist die Strecke eh, da sieht man die ganze Erfahrung des Veranstalters.
Nach dem ersten Verpflegungsstand betritt der Läufer dann den Rennsteigwanderweg, der zwischen Werra und Saale auf den Höhen des Thüringer Waldes verläuft.
Früher diente er Jägern, Handelsleuten und Boten, heute Wanderern, Walkern und Läufern.
km17,7
Nach weiteren stetig berganführendem auf und ab nähere ich mich bei Kilometer 17,7 an der Glasbachwiese, zum ersten Mal dem weltberühmten Schleim. Der Haferschleim wird schon in der Nacht in großen Kesseln angesetzt und den Läufern warm gereicht. Die Zubereitung ist fast ein geheimes Ritual, Messbecher sind verpönt und so schmeckt man jedes Mal eine persönliche Note des örtlichen "Druiden". Es gibt ihn mit Salz versetzt, mit Heidelbeer- oder anderen Geschmacksrichtungen. Dort gelaufen zu sein ohne einmal davon gekostet zu haben heißt nur das halbe Feeling zu erleben. Ich entscheide mich für Himbeergeschmack. Möge die Macht mit mir sein.
Weiter geht es jetzt durch einen echten Waldweg, über Wurzeln und Nadelboden immer weiter bergan.
Inselberg Der erste markante Punkt wird bei km 25,5 erreicht. Der Inselberg mit 916,6 Metern Höhe trägt die Sendeanlagen von Antenne Thüringen und ist weithin sichtbar. Hier sind nicht nur bereits über 700 Höhenmeter zurückgelegt, es geht auch mit fast 23% Steigung mächtig steil hinauf und unangenehmer Weise auf der anderen Seite genauso steil herab. Hier entscheide ich mich nach einem Blick auf meinen Pulsmesser und im Angesicht der mächtigen Steigungsprozente zum ersten mal ein Stück zügig zu gehen. Die richtige Entscheidung, wie sich später zeigen wird. Ich verliere kaum an Boden, aber mein Puls geht fast 30 Schläge herab. Andere Laufen, aber in meinem Umfeld macht das kaum Sinn. Der eine oder andere handelt sich schon die ersten Krämpfe ein und ein Mann, der seine Läuferin heraufjagt muss danach einsehen, dass er ihr einen Bärendienst erwiesen hat. Sie läuft so sehr im roten Bereich, dass sie sich danach nicht mehr richtig regeneriert und bis zum Ziel um Stunden zurückgefallen ist.
Zum Leid der Läufer ist der Bergabweg auch eine der wenigen Asphaltstrecken und das geht mächtig in die Knochen. Hier heißt es die Kräfte einteilen, zumal erst gut ein Drittel geschafft ist. In wenigen km verlieren wir 200 Höhenmeter, um am Ende des Gefälles an der Grenzwiese viele Zuschauer, Fernsehteams und eine weitere Verpflegungsstelle zu erreichen.
Ab hier geht es ständig auf und ab, über zumeist breite Wanderwege mit recht imposanten Aussichtsmöglichkeiten.
Ständige Anstiege zermürben die Läufer und da auch die Temperaturen weiter ansteigen, bis auf 26 Grad, gibt es von Steigung zu Steigung immer mehr Läufer, die Gehpausen einlegen.
Bei Kilometer 37,4 erreiche ich die Ebertswiese und die Hälfte der Renndistanz. Hornbläser begrüßen jeden Läufer und der Geruch von Grillwürstchen zieht in die Nase. Hier gibt es alles Würstchen, Schmalzbrote, Wasser, Tee, Iso, Schleim, Obst, Cola und jede Menge nette Helfer.
Ich bin viel zu schnell, 3:20h das wird sich sicher noch rächen, zumal mein Magen wieder mal streikt. Ich kann nichts mehr essen und trinke daher ab jetzt nur noch Cola, alles andere bekomme ich nicht mehr runter.

Hinter km 41 beim Anstieg zur Neuhöfer Wiese macht es dann quasi klack in meinem Kopf. Ich habe keine Lust mehr die Berge zu laufen, mir ist zu warm und ich fange an die Steigungen zu gehen. Schlimm ist, dass meine Muskulatur und mein Kreislauf top drauf sind, nur der verdammte Kopf will nicht. Etliche überholen mich, aber sobald ich wieder laufe bin ich deutlich schnellen als sie und so bleibt es bis zum Ende des Rennens.
So geht es weiter in Richtung Oberhof, dem vom Wintersport bekannten Ort.
Kurz davor ändert sich erneut das Wetter. Auf einer längeren nicht so steilen Passage kommt Wind auf und ich beginne sogar etwas zu frösteln. Nach der Hitze zuvor auch mal wieder was neues, bis Petrus dann alle seine Schleusen öffnet. Völlig durchnässt erreichen wir den Grenzadler bei Oberhof und Kilometer 54,7.
Eine Wiese muss überquert werden und durch den Regen werden die Wege ab jetzt etwas schlüpfriger, zumal sie auch enger und wurzelreicher werden.
Um überhaupt noch zu sehen, wo ich hintrete benutze ich meinen mitgeführten Schwamm um Schweiß und Regen aus den Augen zu wischen. Trotz eingeriebener Arme laufe ich mich rechts etwas wund in der Achsel.
Ach ja und nur noch ein Halbmarathon zu laufen, toll dass es wieder in den Wald geht, nur Schade, dass es wieder steiler bergauf geht.
Auf dem Weg zu Kilometer 63 nähern wir uns dem höchsten Punkt der Strecke, dem Großen Beerberg mit 982,9 Metern Höhe. Bei der Überquerung hängen die Regenwolken so tief, das es nur noch eine Sichtweite von ca. 10Metern gibt, ein unwirkliches Bild. Direkt vor einem werden die Läufer förmlich von den Wolken verschluckt. Der Läufer ist quasi dem Himmel so nah, dass er zwar nicht auf Wolken schwebt, aber mitten durch sie hindurch läuft.
Beerberg
Am Verpflegungsstand Sukler Ausspanne erfahre ich, dass ich auf Platz 151 liege, gar nicht so schlecht ich hatte gedacht ich wäre so um die 300-400 gelegen. Ein Posten munter uns auf: "Esst was Jungs, jetzt kommt der Berg zum höchsten Punkt". Das baut auf, aber ich habe meinen Humor nicht verloren und antworte: Schon wieder bergauf, da habe ich keine Lust mehr drauf. Ich laufe zurück, den Weg kenne ich schon". Die Posten und Helfer bei Kilometer 60, sind geschockt, zumal ich mich wirklich umdrehe und 1,2 Schritte ich die Gegenrichtung loslaufe.
Aber ich lasse ja mit mir reden und so verschluckt auch mich der Himmel beim Aufstieg zum Beerberg.
Der Regen hat geendet und vom Himmel hoch nähere ich mich dem Ziel. Die Wege sind recht steinig und obwohl bis zum Ziel noch 270 Metern Höhe verloren werden gibt es immer noch Beraufpassagen. Obwohl ich etwas ausgelaugt bin traktiere ich meine Muskulatur weiter, indem ich Druck mache, sobald es flach wird, oder bergab geht. Ein Blick auf die Uhr bei km 65 zeigt mit 6:09h. Es ist also möglich noch unter 7 Stunden ins Ziel zu kommen, nur noch knappe 8km in 50 Minuten. Also knappe 6min pro km, das sollte doch zu schaffen sein.
km65 km65 Die nächste Wiese wird überquert, diesmal wieder mit Gefälle
und weiter geht es stetig dem Ziel in Schmiedefeld entgegen.
Aber die Beraufstücke wollen immer noch nicht enden und die letzte echte Steigung ist sogar bei km 71.
Auch kurz vor dem Zieleinlauf gibt es auch noch mal eine kurze Berganwelle.
Ich kann das Ziel zwar schon länger hören, aber nicht sehen, werde ich es noch zeitlich schaffen?
Jetzt gilt es auch noch Slalom zwischen Walkern und Zuschauern zu laufen. Durch die kleine Bergaufpassage kommt es beim Zieleinlauf dazu, dass das Ziel erst hundert Meter vor dem erreichen zu sehen ist. km72
Stadion Ziel
Ziel
Aber der Anblick wirft einen dann schon fast um. In einem riesigen Stadion mit Wiesengelände werden die fast 15.000 Gesamtläufer von einem wahren Hexenkessel der Begeisterung empfangen. Alle Finisher werden bejubelt und gefeiert. Schnell zücke ich meinen Fotoapparat um das zu fotografieren und danach erschöpft, aber glücklich meine Finishermedaille zu erhalten. Meine Uhr zeigt 6:53:31h netto, da ich erst an der Matte abgedrückt habe und damit die Gewissheit unter 7Stunden geblieben zu sein. Stolz greife ich mir einen Becher Cola, um dann zu meinem Kleiderbeutel zu hinken. Ich frage mich durch, wo er ist und muss eine Kleine Treppe herabhumpeln um auf einer Nachbarwiese die Sachen zu erhalten.
Alle geht schnell und gut organisiert, mein Kleiderbeutel ist in wenigen Minuten zu haben, und immer warme Duschen entschädigen für die Strapazen.
Ich gehe erst zur kostenlosen Massage und danach ausgiebig duschen, jetzt kann die Party steigen. Es gibt genug zu trinken, ein Köstritzer sogar gratis, Suppe, Würste…etc.

Da das Wetter hält erleben wir ein tolles Volksfest auf der Zielwiese in Schmiedefeld.
Laufsieger wurde Helmut Peters in 5:27:17h, er entschied das Rennen erst bei km 71 für sich.
Ich habe 6:53:31h benötigt, Günter Naab 7:05:44h und Dieter Wilhelm 9:21:06h.
Dafür hatte Didi aber unterwegs auch was von den Würstchen und dem unterwegs ebenfalls gereichten Schwarzbier, also auch ein tolles Lauferlebnis.
(Ultra-)Marathon
Ich habe den virtuellen Wettlauf mit meinem Freund Frank Kurth gewonnen. Er hat den Marathon gelaufen, ist allerdings 3Stunden später gestartet und musste auch reichlich Höhenmeter fressen, auf teilweise rutschigen Wegen. Außerdem hat er auch den vollen Regenguss abbekommen. Der Marathon startet am anderen Ende des Rennsteig, in Neuhaus und geht hier über 43,1km.
Auch hier ist das beste Stück am Ende zu finden. Die letzten 1000m führen die Läufer hinauf zum Sportplatz und enthalten mal eben so knackige 100 Höhenmeter um dann in einer Stadionrunde den verdiente Applaus zu empfangen.
Frank Kurth hat sich tapfer geschlagen und gehört ab heute auch zum Kreis der Ultramarathonis, als erster Läufer des SV 47 Mutscheid.
Glückwunsch zu diesem Eintrag in die Analen des Vereins. Das kann Dir keiner mehr nehmen.
Aber darauf gilt es jetzt aufzubauen, dann wirst auch du ein echten PowerRunner.
Eifeler
Der Rennsteig fest in Eifeler Hand
Laufsieger Helmut Peters (rote Jacke) lädt zum Siegerbier.
Die letzten Teilnehmer trafen nach 12:37h ein, da waren ich schon in unserem Wohnort beim Abendessen, so breit ist das Feld gefächert.
Alles in allem war es eine runde Sache und ein Erlebnis, von dem man noch lange erzählen kann.
Auch zum Urlaub mit dem Rad empfiehlt sich der Thüringer Wald, ich komme bestimmt noch mal wieder.

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